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Geschichten aus Arnavutköy/Istanbul: Wo das Huhn der Katze das Essen wegisst

Istanbul ist eine Metropole. Über 15 Millionen Einwohner, überfüllte Metros und Touristenmassen – das ist Istanbul. 

Istanbul ist aber auch ein Dorf. Wer sich einmal über das goldene Horn hinauswagt, findet Häuschen, Kühe, Schafe und neugierige Blicke. In Arnavutköy zum Beispiel.

 

Arnavutköy ist ein Stadtteil im Westen von Istanbul und ebenso Standort des neuen Flughafen Istanbuls. Hier ist von Touristenmassen, geschweige denn Menschenmassen aber nichts zu sehen. Diese fahren mit dem Taxi lieber Richtung Innenstadt und lassen die vielen Facetten Istanbuls gekonnt hinter sich.

 

Ruhig, günstig, Istanbul. Klingt ideal, also auf nach Arnavutköy.

Schafe in Istanbul vor einer Moschee

Nach einem Jahr zwischen hupenden Autos, Straßenbahn und Fabriken haben wir aber genau das gesucht – eine Idylle in der Stadt, die Orient und Okzident verbindet. Ruhig, günstig, Istanbul. Klingt ideal, also auf nach Arnavutköy.

 

Nach nur 20 Minuten mit dem Taxi stehen wir auch schon am Hauptplatz vor einer großen Moschee und machen uns mit dem Immobilienmakler auf in die neue Traumwohnung. Viele Hunde sind hier. Mehr Hunde als wir es in unserem Istanbul kennen – frei laufende Rottweiler sind wir nicht gewöhnt.

"Ehrlich, in eurer Gegend würde ich nichtmal für Geld wohnen."

Die Wohnung ist schön, aber die Umgebung müssen wir noch anschauen. "Hier könnt ihr jeden Tag frische Milch holen.", sagt der Makler als wir an einer Kuh vorbeigehen. In der nächsten Gasse schaut uns eine Frau mit Ziegen fragend an. 


"Ehrlich, in eurer Gegend würde ich nichtmal für Geld wohnen." – Makler halt, aber ein bisschen Wahrheit wird dran sein. 

 

Als wir die Gegend rund um das Wohnhaus begutachten wollen, rennt ein Hirtenhund bellend auf uns zu. "Der macht nichts!", ruft ein Mann in Dialekt, während er die Auberginen am Grill wendet. Der Weg nachhause steht wieder an. Also auf zurück in den Trubel.

 

Die Wohnung ist schön, ruhig ist es auch. Wollen wir aber wirklich in Arnavutköy wohnen? Morgen nochmal hin. Diesmal aber mit Würstchen im Repertoire – falls wir Hunde ablenken müssen. Von diesen gibt es hier wirklich viele.

 

"Beißt der eigentlich?" "Nur manchmal."

Istanbul Arnavutköy mit Moschee

Ohne Makler an unserer Seite mustern uns die Dorfmädchen, die sich im Garten zum Grillen versammelt haben. Egal. Einmal um die Ecke unserer potenziellen neuen Wohnung in Istanbul; derselbe Hund. Diesmal ohne Besitzer. "Beißt der eigentlich?", fragen wir ein paar Jungen, die gerade Fußball spielen. "Nur manchmal." Aha.

 

Wir gehen also vorsichtig durch die Gasse an kranken Babykatzen und dem gefürchteten Hirtenhund vorbei. Es ist soweit; er läuft auf uns zu. "Schnell, wirf die Wurst!" Geschafft, die Wurst ist interessanter als wir und er macht kehrt.

 

Wenn schon, denn schon. Die Katze unter dem Mülleimer bekommt auch Wurst. Nur kommt ihr das Huhn zuvor und isst sie weg – Hühnerwurst übrigens. Beim zweiten Versucht schnappt die Katze das Stück Fleisch und rennt in einen Hof. Aus diesem spaziert gerade ein weiteres Huhn mit Küken in einer Reihe.

 

Noch einmal gehen wir um den Block, wobei uns ein älterer Herr anspricht. "Wollt ihr wirklich in dem Haus wohnen? Da will niemand wohnen! Das schaut aus wie ein Schiff." Recht hat er. Das Wohnhaus, welches zwischen den Gärten von Gecekondus und Bungalows errichtet wurde, ähnelt wirklich einem Schiff.

 

Am Hauptplatz setzen wir uns nochmal vor die große Moschee und verfüttern die restliche Wurst an einen Hund. Mit dem nächsten Herrn, der uns als "Privattaxi" den Dienst anbietet, fahren wir auch wieder nachhause. Hoffentlich schafft es der Rostwagen. 

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